Abschied von Elvis
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Eigentlich lässt uns ein Jahresbeginn in die Zukunft schauen. Doch das
neue Jahr ist kaum fünf Wochen alt, da lässt mich der völlig unerwartete Tod
von Elvis zurückblicken auf neunzehn Jahre: Ich erinnere mich noch genau
an die Gänsehaut, die ich bekam, als ich ihn fünfjährig das erste Mal
gesehen habe. An die ersten wilden Jahre – in denen er es immerhin
geschafft hat, drei Olympiasieger in den Sand zu setzen. Unsere erstes
gemeinsames Turnier in Lingen 2004, wo wir uns auf Anhieb für das Finale des
Nürnberger Burg-Pokals qualifizieren konnten. In der Frankfurter
Festhalle hatte ich das Gefühl, durch die Prüfung zu schweben – wir wurden
mit dem Sieg und bis heute in diesem Finale nicht wieder erreichten 81,17
Prozent belohnt. Bereits 2005 gelang uns der Sprung in den
internationalen Grand-Prix-Sport. 2006 schafften wir es, alle drei
Prüfungen des CDIO Aachen zu gewinnen – ein wichtiger Schritt in Richtung
der Erfüllung meines großen Traums von der Teilnahme bei den
Weltreiterspielen in meiner Heimatstadt Aachen. Aus dem Traum wurde
Wirklichkeit, und diese wurde noch getoppt durch die
Mannschaftsgoldmedaille, den vierten Platz in der Kür und unvergessliche
Momente vor dem grandiosen Aachener Publikum. Das große Ziel nach der WM
in Aachen waren die Olympischen Spiele in Hongkong 2008. Auch hier durften
wir für Deutschland starten und konnten mit der Mannschaft die Goldmedaille
gewinnen. Im Dezember 2012 wurden wir nach vielen internationalen
Erfolgen Dritte in der Weltcup-Kür in Mechelen – da hat sich Elvis noch
einmal von seiner ganz starken Seite gezeigt. Es war sein letzter Auftritt
im Sport. Das mochte er anfangs nur ungern akzeptieren – was er sowohl
mir als auch dem anderen wichtigen Menschen in seinem Leben, meiner
Stallchefin Sabine, jedesmal unruhig und laut wiehernd mitteilte, wenn der
LKW ohne ihn vom Hof fuhr. In dem Moment waren ihm die Wiese und seine
Shetty-Freundin Barbie egal: Er wollte mit! Ich bin Elvis unglaublich
dankbar für für die gemeinsame Zeit. Ihn zu reiten ist jeden Tag aufs Neue
ein Vergnügen gewesen, auch nach dem Ende seiner Zeit im Sport. Er hat mir
manchen Traum erfüllt, und auch nach den Erfolgen im Sattel hat er mir viel
Freude bereitet. Und auch er hat mich immer mit einem freudigen Wiehern
begrüßt. Dass ich dieses Wiehern am Freitagabend gegen fünf Uhr zum
letzten Mal hören würde, hätte ich nie geahnt. Um diese Zeit habe ich
gefüttert, und Elvis war gut drauf. Als ich eine Stunde später wieder in den
Stall kam … lag er tot in seiner Box. Wenn es in der Trauer einen kleinen
Silberstreif gibt, dann, dass sich Elvis am Ende einfach schlafen gelegt
hat. Er war nie krank, und seine fast 25 Jahre merkte man ihm kaum an. Sein
Tod hat uns alle völlig überrascht. Wir hätten ihn gern noch eine Weile bei
uns gehabt!
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Bilder
von Elvis
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